Entgeltfortzahlung statt Krankengeld bei Mitwirkenden
Entgeltfortzahlung
Die Voraussetzungen für Entgeltfortzahlung (Zahlung der vereinbarten Vergütung) für auf Produktionsdauer Beschäftigte42:
– Es gilt ein (rosa) Mitwirkendenvertrag.
– Die Tätigkeit ist für bestimmte Tage vorgesehen.
– Am betreffenden Tag bzw. den betreffenden Tagen ist die Mitarbeiterin arbeitsunfähig erkrankt.
– Die Beschäftigte teilt das dem WDR unverzüglich mit.43
Die Höhe:
Als Entgeltfortzahlung gibt es in den ersten vier Tagen genau die vereinbarte Vergütung. Vom fünften bis zum 42. Tag wird nur noch für die Hälfte der Tage eine Lohnfortzahlung in Höhe der vereinbarten Vergütung gezahlt, wobei halbe Tage auf ganze aufgerundet werden.
Das bedeutet konkret: Der fünfte Krankheitstag wird ebenfalls noch voll bezahlt. Bei sechs Tagen Krankheit gibt es Geld für fünf Tage, bei sieben und acht Tagen gibt es Geld für sechs Tage, bei neun und zehn Tagen Krankheit am Stück werden sieben Tage bezahlt und so weiter, bis zu einer Höchstdauer der Krankheit von 42 Tagen. Allerdings kommt eine so lange Produktionsdauer beim WDR selbst nicht mehr häufig vor, weil der Sender damit in der Regel private TV-Produktionen beauftragt.
In der Praxis kommt es oft darauf an, ob für die Mitwirkende die Arbeit an einem bestimmten Tag vereinbart ist. Dabei gibt es klare Fälle, aber auch etwas verwickelte Konstellationen. Ein paar Beispiele zur Illustration:
Eindeutig besteht eine Pflicht zur “Lohnfortzahlung” bei Erkrankung in folgenden Fällen:
– Eine Grafikdesignerin ist gebucht, um für eine oder mehrere Sendungen an bestimmten Tagen das Screendesign zu entwerfen.
Eine Tontechnikerin ist für einen Drehtag disponiert oder für den Schnitt in einem Hörfunkstudio.
Eine Fernsehcutterin soll zu einer Schicht am Schnittplatz erscheinen.
Eine Radiojournalistin soll eine bestimmte Sendung moderieren.
Eine TV-Reporterin soll an einem bestimmten Tag im Regionalprogramm die tagesaktuellen Berichte machen.
Eine Maskenbildnerin kann zum vereinbarten Tag nicht ins Studio oder zum Drehort kommen.
In diesen Fällen ist sonnenklar, was die vereinbarte Vergütung für einen bestimmten Arbeitstag war und demnach die Berechnung von Höhe und Dauer der Zahlung bei Krankheit kein Problem.
Etwas kniffliger ist es in Fällen wie diesem:
Eine Fernsehjournalistin, die einen Magazinbeitrag macht, muss einen schon disponierten Drehtag oder Schnitttag wegen Krankheit absagen. In diesem Fall muss ausgerechnet werden, welchen Anteil dieser Tag am Gesamthonorar hat.
Ungünstig ist eine Konstellation wie diese: Eine Fernsehfeature-Autorin plant, in der ersten Märzhälfte die Drehtage zu machen und danach zu schneiden. Weil aber nur der Zeitraum angepeilt, aber noch keine Arbeitstage kalendarisch festgelegt wurden, dürfte sie ihren Verdienstausfall wohl selbst tragen müssen.
Oft liegen die vereinbarten Beschäftigungstage nicht hintereinander – weil ein explizit vereinbartes arbeitsfreies Wochenende dazwischen liegt, oder weil aus anderen Gründen nicht zusammenhängend gearbeitet wird. Der Produktionsdauer-Tarifvertrag enthält darüber keine Aussage, also gilt: Bei den Beschäftigungstagen, für die Entgeltfortzahlung fällig ist, bleiben die freien Tage unberücksichtigt, es wird über sie hinweg gezählt.
Ob “eigentlich unstrittig” oder “ein bisschen knifflig”: In der Praxis sagen die erkrankten Freien Mitarbeiterinnen ihren Job ab, der Sender sorgt gegebenenfalls für Ersatz, und das war’s. Warum eigentlich? Weil die Freien befürchten, nicht mehr gebucht zu werden. Deshalb hier der Appell: Ladet den entsprechenden Antrag im WDR-Intranet herunter, füllt ihn aus und schickt ihn ab. Die tariflichen Vereinbarungen sind eure selbstverständlichen Rechte. Es reicht nicht aus, wenn der Sender den Betroffenen einen Ersatztermin anbietet. Der Verdienstausfall ist ja schon eingetreten.
Manchmal gibt es keine Unterlagen über die vereinbarten Termine für die Tätigkeit. Um Ansprüche potenziell abzusichern, empfiehlt es sich in diesem Fall, dem Sender rechtzeitig eine schriftliche Bestätigung zu schicken: “Liebe Redaktion, gerne bestätige ich zur beiderseitigen Sicherheit die folgenden Termine für meine Moderationen/meine Onlinegrafik-Schichten/meine Tätigkeit als Tagesreporterin…” Damit ist klar, dass die Tätigkeit “datumsmäßig bestimmt” ist und dass die Schutzwirkungen des Produktionsdauer-Tarifvertrags greifen – und nicht nur die für den Krankheitsfall.
Eine Freie Mitarbeiterin, deren Erkrankung länger dauert als der Mitwirkendenjob, kann nach der Erkrankung immer noch Krankengeld als Arbeitnehmerähnliche beantragen, auch wenn sie bereits Entgeltfortzahlung aus dem Produktionsdauer-Tarifvertrag erhalten hat.
Bei Tätigkeiten, für die nicht der rosa Mitwirkenden-, sondern der blaue Werkvertrag gilt, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Produktionsdauer-Tarifvertrag. Das wäre etwa in den folgenden Beispielen der Fall:
Eine Szenenbildnerin kann wegen Krankheit nicht im Studio erscheinen, um ihr realisiertes Design abzunehmen. Eine erkrankte Radioautorin kann ihren Bericht nicht fertigstellen. Das vereinbarte Treatment der Fernsehjournalistin für ein Feature oder einen Magazinbeitrag wird nicht fertig, weil sie erkrankt. Ob ein Ausfallgeld für den konkreten Auftrag bezahlt wird, der nicht fertiggestellt werden konnte, richtet sich in diesen Fällen nach den Bestimmungen des Urhebertarifvertrags – mehr dazu weiter unten.
Noch keine Kommentare