Wie können wir helfen?

“Nebentätigkeit” – andere Auftraggeber

You are here:
< vorige Seite

In einem im WDR-Intranet abrufbaren

 „Merkblatt für programmgestaltende freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Anderweitige Tätigkeiten außerhalb des Westdeutschen Rundfunks

schreibt  Intendant Buhrow mit Datum vom 29. Mai 2017:  
„Damit es nicht zu einer Einschränkung oder Beendigung der Beauftragung durch den WDR auf Grund von Tätigkeiten für andere Auftraggeber kommen muss, wird den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dringend empfohlen, sämtliche beabsichtigten anderweitigen Tätigkeiten rechtzeitig gegenüber dem WDR anzuzeigen.“ 

… und zwar der Redaktionsleitung.

Dem Intendanten – der als Moderator der ARD-Tagesthemen einst damit in die Presse kam, dass er in Nebentätigkeit Veranstaltungen für die Deutsche Bank moderierte – ist dringend empfohlen

  1. den freien Mitarbeiterinnen zuzubilligen, dass sie zunächst einmal selbst beurteilen, ob es durch eine Tätigkeit für andere zu einer Kollision mit den Interessen des WDR kommen könnte. Und deshalb nicht die Meldung von jeder Fliegenschiss-Nebentätigkeit zu erwarten.
  2. Nicht damit zu drohen, dass es zu Einschränkungen oder Beendigung von Tätigkeiten durch den WDR kommen „muss“, auch nicht indirekt.
  3. Sich klar zu machen, dass es hier um ungleiche Machtverhältnisse geht. Aus #Metoo nichts gelernt??? Redaktionsleiter müssen nicht einmal offiziell kündigen oder abmahnen, wenn ihnen aus irgendwelchen Gründen eine Tätigkeit von freien Mitarbeiterinnen nicht in den Kram passt , und sei es die „Programmfarbe und –identität“ oder aus reiner Eifersucht – das ist eben anders als bei Tagesthemen-Moderatoren. Und aus genau solchen diffusen Gründen, die mit den objektiven Programminteressen des WDR nichts zu tun haben, wurden in der Vergangenheit Mitarbeiterinnen Probleme bereitet.
  4. Nicht durch die Hintertür ein irres Genehmigungsverfahren für „anderweitige Tätigkeiten“ von freien Mitarbeiterinnen einzuführen. Per „Merkblatt“ wird nämlich erwartet, dass die Mitarbeiterin jeder einzelnen Redaktion, für die sie tätig sind, vorab Kenntnis geben und die nächsthöhere Ebene anzusprechen, sollte es „keine Verständigung“ geben.

In dem Merkblatt beruft sich der WDR auch auf den § 10 des Produktionsdauer-Tarifvertrags, der in der Tat so lautet:

„10.1 Anderweitige Tätigkeiten außerhalb des WDR sind zulässig, wenn damit keine Beeinträchtigung der mit dem WDR vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbunden ist. Der Beschäftigte verpflichtet sich, beabsichtigte anderweitige Tätigkeiten dem WDR rechtzeitig anzuzeigen.“

Doch, mit Verlaub, liebe Gewerkschaftskolleginnen, nicht alles, was in Tarifverträgen steht, muss vor Gericht  Bestand haben. Diese Bestimmung, aber vor allem ihre Auslegung geht entschieden zu weit.

  1. Der erste Satz bezieht sich ausdrücklich darauf, dass es darauf ankommt, die Tätigkeit für den WDR nicht zu beeinträchtigen.
  2. Eine derart weitgehende Forderung des WDR wie in dem Merkschreiben und in Satz 2 dürfte vor Bericht wohl kaum Bestand haben. Die Tätigkeit für den WDR ist von vorn herein auf bestimmte Vertragsräume beschränkt. Deshalb ist es nicht zulässig, dass dieser eine Auftraggeber außerhalb der Vertragszeiten grundsätzlich  auch in allen anderen Arbeitsbereichen der freien Mitarbeiterinnen herum schnüffeln will, wenn sie nicht im Verdacht der Beeinträchtigung stehen.

Alle geplanten Nebentätigkeiten der Redaktionsleitung anzeigen? NO!

Das Motiv und der Anlass für das Verfassen des “Merkblatts” waren, Interessenkonflikte der anderen Tätigkeit mit den WDR-Tätigkeiten zu vermeiden. Vor allem natürlich journalistische Interessenkonflikte. Das ist ein legitimes Interesse. Aber diese Beurteilung sollte zunächst einmal der Eigenverantwortung der freien Mitarbeiterinnen überlassen bleiben.

Inhaltsverzeichnis