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Detailfragen beim Bestandsschutz

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Was passiert bei Einkommen über der Grenze?

Jahre, in denen die Freie Mitarbeiterin mehr als 105. 000 Euro (Stand 2019) an Einkünften gehabt hat, werden so gerechnet, als hätte sie gerade diese Einkommensgrenze erreicht. Das Überschreiten der Grenze führt aber nicht dazu, dass sie als Ausfalljahre gewertet würden.

Zuschuss zur Alterssicherung

Freie über 55 Jahre, die schon seit mindestens 25 Jahren für den WDR arbeiten, bekommen außerdem einen Zuschuss zur Alterssicherung, wenn ihre Tätigkeit endet. Der Zuschuss ist so hoch wie der Mindestbeitrag der Pensionskasse der Rundfunkanstalten, also vier Prozent von den Entgelten, die aufgrund des Bestandsschutz-Anspruches fällig werden..

Gegenstrategien von WDR-Abteilungen

Die Abteilungen – aus deren Etat Bestandsschutz-Leistungen gezahlt werden – haben eine Art natürliches Interesse zu vermeiden, dass überhaupt Ansprüche auf Zahlungen aus dem Bestandsschutz entstehen. Eine mögliche Strategie: Langjährige Mitarbeiterinnen allmählich abschmelzen, so dass keine Ansprüche entstehen.

Fallstudie: Im Einzelfall oft schwer durchsetzbar

Wie schwierig das Ausrechnen und Durchsetzen von Ansprüchen ist, zeigt ein Fall, der im November 2011 vor dem Kölner Arbeitsgericht entschieden wurde und bei dem acht Tätigkeitstage mehr oder weniger einen Streitwert von 25.000 Euro ausmachten. Dass die Tätigkeit ohne Verschulden der betreffenden Mitarbeiterin und bewusst im Frühjahr 2010 von ihrer einzigen Redaktion beendet wurde, war unstrittig. Wichtig für die Höhe ihrer Ansprüche war, ob das Jahr 2003 als ein Ausfalljahr zählte oder nicht. Weil das Gericht es als das zweite Ausfalljahr in einem Fünfjahreszeitraum wertete, begann ihr Anspruch auf Bestandsschutz sich erst ab 2004 wieder aufzubauen – obwohl sie seit 1999 fast ihr gesamtes Einkommen beim WDR erarbeitet hatte. Die acht fehlenden Tage drückten ihre Ankündigungsfrist von sieben auf drei Monate – sie verlor den Prozess. Und sie hatte keinen Anspruch auf Beendigungsgeld, weil sie zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht fünf Jahre zusammenhängend und ohne jegliches Ausfalljahr für den WDR tätig gewesen sei.

Konkret ging es in diesem Fall im Jahr 2003 um acht Prognosetage weniger als die notwendigen 72 Tage. Laut der Mitarbeiterin ist für ihre 26 blauen Urheberverträge in 2003 nie auch nur ein einziger Tag als zusätzlicher Beschäftigungstag angerechnet worden – und das ohne jede Rücksprache mit ihr. Ganz so, als würde sich das Konzept/Drehbuch eines Magazinbeitrags selbst erarbeiten, ohne Zutun der Mitarbeiterin. Unrealistisch – aber vom WDR anders dokumentiert.

Die Prozessvertreterin des WDR sagte bei einem gerichtlichen Erörterungstermin, den blauen Urheberverträgen der Fernsehmitarbeiterin müsse kein einziger Beschäftigungstag entsprechen, denn es gehe dabei ja nur um einen Vertrag über Nutzungsrechte. Träfe das zu, dann hätten alle Radioautorinnen keinen einzigen Beschäftigungstag beim Sender und fielen aus sämtlichen Sozialschutz-Tarifbestimmungen heraus. Und die Rechtsanwälte des WDR argumentierten gar mit dem „Pacta sunt servanda”-Grundsatz – geschlossene Verträge sind einzuhalten. Die Mitarbeiterin habe sich an die „vertraglich vereinbarten” Beschäftigungstage zu halten. Wobei die angebliche „vertragliche Vereinbarung” immer erst Wochen nach der Arbeit vom WDR festgelegt wurde.

Für das Gericht galten trotz allem schließlich die Angaben des WDR – es postulierte eine Einheit der dokumentierten Beschäftigungstage mit den tatsächlich geleisteten Tagen. Die Freie Mitarbeiterin verlor den Prozess in erster Instanz, das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte das Urteil.

Mehr noch: Angeblich war die Mitarbeiterin, die das Ausgleichsentgelt und das Beendigungsgeld beantragt hat, nur eine von fünf, die von der Redaktion abserviert worden waren. Die anderen vier trauten sich dem Vernehmen nach erst gar nicht, ihre Ansprüche anzumelden.

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