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Statusprüfung durch WDR / Rentenversicherung

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Statusprüfung durch den WDR – der Fragebogen:
Die Arbeitgeber sind “Einzugsstellen der Sozialversicherung”. Das heißt, in diesem Verwaltungsfeld übernehmen sie die quasi-staatliche Aufgabe, die Sozialgesetzgebung umzusetzen und richtig anzuwenden. Deshalb muss sich der WDR auch besonders in diesem Feld wie eine Behörde verhalten und schickt als Vertragspartner einen amtlich anmutenden Fragebogen. Auch für die Freien Mitarbeiterinnen sind die Fragen und Antworten eine ernste Sache: Sie sind rechtlich verpflichtet, korrekte Angaben zu machen und tragen, ähnlich wie der Sender, das Risiko, andernfalls Beiträge nachentrichten zu müssen.
Wenn der Sozialversicherungs-Status einer Freien Mitarbeiterin aus irgendwelchen Gründen unklar wird – und bei der ersten Beschäftigung – schickt die Sozialversicherungsabteilung des WDR einen Fragebogen, dem man ansieht, dass die Fragen, Freifelder und Checkboxen nur mit Mühe auf einer einzigen Seite unterzubringen waren. Darauf stehen wichtige, entscheidende und weniger wichtige Fragen. Die Antworten auf die Fragen haben nicht immer eine klar definierte Konsequenz. Schon allein deswegen, weil die Gesetze nicht klar definieren, sind auch die Fragen schwammig gehalten. Auf welchen Zeitraum bezieht sich die jeweilige Frage eigentlich? Antwort aus der Sozialversicherungsabteilung: “Auf das was jetzt ist und auf das, was voraussichtlich kommen wird.” Oft seien dann noch mündliche Nachfragen nötig, sagen die Expertinnen der Abteilung – und rufen auf: “Ruft uns an, solange der WDR-Stellenplan uns noch die Zeit dafür lässt.” Der Fragebogen wird immer mal wieder einer neuen Lage angepasst – es kann daher sein, dass die hier abgedruckten Fragen nicht mehr alle in dieser Form darin vorkommen. Weil der Fragebogen aber so häufig Aufregungen und Ängste verursacht, gehe ich an dieser Stelle trotzdem auf Details ein.

Die Fragen des WDR-Fragebogens

  • Die gesetzliche Krankenversicherung. – Klar, den Namen braucht der Sender, um gegebenenfalls Beiträge abführen zu können.
  • Wieso der “Kindernachweis?” – Weil Eltern nur Pflegeversicherung in halber Höhe zahlen.
  • Wozu müssen privat Versicherte den Namen der letzten gesetzlichen Versicherung angeben? – Wenn die Freie Mitarbeiterin gesetzlich rentenversichert werden muss, dann wird der Beitrag über die letzte gesetzliche Krankenversicherung bezahlt.
  • Wieso die Frage, ob „in diesem Jahr voraussichtlich Einkünfte aus Arbeitnehmertätigkeit von mehr als X erzielt“ werden? – Diese Grenze muss für eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht erreicht werden; und die niedrigere Grenze von Y ist wichtig, falls die Freie schon 2002 von der Versicherungspflicht befreit war.
  • Nun kommen die wichtigeren Fragen für die Sozialversicherung:
    “Ich bin ausschließlich für den WDR in freier Mitarbeit tätig.” – Bei einem “Ja” können die WDR-Sachbearbeiterinnen alles Weitere allein aufgrund ihrer eigenen Daten entscheiden
  • CHECK “Werden von anderen Auftraggebern Sozialversicherungsbeiträge einbehalten?” – Bei einem “Ja” auf diese Frage werden weitere Nachfragen kommen. Wenn die Beiträge bei den anderen beispielsweise aufgrund unständiger Beschäftigung einbehalten werden, ist schon der erste Beschäftigungstag beim WDR ebenfalls beitragspflichtig. Bei anderen Beschäftigungen als “unständig” bedeutet die Antwort unter anderem, dass Mindestverdienstgrenzen für die Beitragspflicht schon erreicht sind. Wenn die anderen Beschäftigungen nur deshalb versicherungspflichtig waren, weil sie länger als eine Woche dauerten, dann sind sie für die Versicherung beim WDR nicht relevant.
  • Zu den Fragen nach der Arbeitslosigkeit siehe den betreffenden Abschnitt in diesem Kapitel.
  • “Ich bin Hausfrau, Schülerin oder Rentnerin.” – Wenn ja, hat das immer dieselbe Konsequenz: Versicherungsfreiheit, sofern die Beschäftigung kurzfristig bleibt – also unter 50 Tage (Details im Abschnitt über kurzfristige Beschäftigung). In Zweifelsfällen wird die Entscheidung der Krankenkasse übergeben. Denn oft seien es eigentlich Arbeitslose, die auf diese Fragen mit „Ja“ antworten, heißt es im WDR.
  • “Ich bin Studentin.” – Wenn ja, siehe die betreffende Seite (LINK) . Faustregel: Die können beim WDR kranken- und pflegeversicherungsfrei so viel verdienen wie sie können, werden aber eventuell rentenversicherungspflichtig.
  • “Ich bin Arbeitnehmer(in) / Beamte/in bei …” – Wenn ja, wird, weil die Tätigkeit beim WDR nicht “berufsmäßig” ist, für unständige Beschäftigung nichts abgeführt, für durchgehende Beschäftigungen über einer Woche Dauer aber wohl.
  • Erreichen die WDR-Honorare ein Drittel Ihrer Bezüge aus anderen Tätigkeiten? – Wenn ja, dann können die Beschäftigungstage beim WDR trotz des anderen Jobs “berufsmäßig” sein, und damit eine unständige Tätigkeit.
  • Befristung anderer Tätigkeiten? – Wenn ja, dann ist danach sowieso sozialrechtlich alles anders, also möchten es die Zuständigen im Sender wissen.
  • “Ich bin selbstständig tätig als….” – Das ist lediglich eine Einstiegsfrage für die nächsten beiden. Wenn hier aber ein Beruf aus dem Graubereich des Abgrenzungskataloges (LINK) steht (beispielsweise Kamerafrau oder Cutterin), führt das zu weiteren Nachfragen. Denn dann kann es möglich sein, dass sich die Betreffende irrt und die selbstständige Tätigkeit für den WDR eigentlich nicht als solche gilt. Wenn diese Arbeit dann zusammen mit den WDR-Jobs die Geringfügigkeitsgrenze von 50 Tagen überschreitet, werden Sozialbeiträge für unständige Beschäftigung fällig.
  • “Liegt der wirtschaftliche Schwerpunkt außerhalb des WDR?” – Das ist eine Frage zum Einstieg, wie die Befragte ihre Arbeitssituation einschätzt, auch für die Zukunft.
  • “Zahlen Sie Beiträge zur Künstlersozialkasse?” – Wenn ja, dann zahlt der WDR auch dann nur 4 statt 7 Prozent Zuschuss zu Pensionskasse oder Presseversorgung, wenn eine selbstständige Tätigkeit im Sender festgestellt wird. Für alle anderen sozialrechtlichen Entscheidungen (des WDR, nicht der Freien Mitarbeiterin) ist die Antwort ziemlich unwichtig. Denn selbst, wenn außerhalb des WDR ein KSK-pflichtiges Einkommen erwirtschaftet wird, besagt das nichts für die WDR-Tätigkeit.
  • “Erreichen die WDR-Einnahmen ein Drittel ihrer Bezüge aus anderen Tätigkeiten?” – Wenn nein, ist das ein Hinweis darauf, dass die WDR-Tage nicht “berufsmäßig” gearbeitet werden. Wenn die Vergütungen beim WDR aber hochschnellen auf ca. 20.000 Euro, dann meldet sich die Abteilung trotzdem wieder bei der Freien Mitarbeiterin, die hier “Nein” angekreuzt hat. Achtung: Es hat schon Mitarbeiterinnen gegeben, die der Lüge bezichtigt (und vielleicht auch überführt) wurden, nachdem sie hier “Nein” angekreuzt hatten und kurze Zeit danach in einem Urlaubsentgelt-Antrag beim WDR andere Angaben machten. Der nämlich hat in etwa das, was sie hier verneint hatten, zur Voraussetzung.
  • Aus gutem Grund fett gedruckt ist unten auf dem Blatt folgende Frage: “Waren oder sind Sie daneben in diesem Kalenderjahr einschließlich der WDR-Vertragszeit in weiteren Nebentätigkeiten mehr als 50 Tage abhängig beschäftigt?” – Wenn ja, dann wird es weitere Nachfragen geben. Geschehen die anderen Tätigkeiten in dem gleichen Arbeitsfeld wie die beim WDR (z. B. Journalismus), wird damit die Grenze überschritten, die “Berufsmäßigkeit” signalisiert; voraussichtlich sind dann Sozialversicherungsbeiträge als Unständige fällig. Allerdings wird hier etwas abgefragt, was die Mitarbeiterin oft nicht beurteilen kann oder eben anders beurteilt, weil sie die weiteren Nebentätigkeiten nicht als abhängige Beschäftigung ansieht sondern als selbstständige Tätigkeit.

Statusprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung

Es ist wie schon 1914, als die Sozialpolitiker des Deutschen Reichs über unständig beschäftigte Waschfrauen sich den Kopf zerbrachen (LINK) : die Grenzen sind fließend. Oft kommt es auf die Interessenlage an, ob eine Tätigkeit als selbstständig oder als abhängige Beschäftigung anzusehen ist. Die Krankenkasse kann es anders sehen als die Beschäftigte oder der Auftraggeber. Eine andere Kasse kann es nach einer Betriebsprüfung beim Auftraggeber wiederum neu beurteilen. Deshalb wurde im Jahr 2000 die “Clearingstelle” der Deutschen Rentenversicherung eingerichtet. LINK Sie soll in einem Statusfeststellungsverfahren letztgültig darüber entscheiden, wie eine Beschäftigung sozialversicherungsrechtlich zu handhaben ist. Wobei “letztgültig” nicht ganz stimmt. Denn gegen den Bescheid der Clearingstelle kann nach einem Widerspruch anschließend Klage beim Sozialgericht erhoben werden – potenziell sind das dann drei Instanzen, bis zum Bundessozialgericht.
Und Achtung für alle, die mehrere Auftraggeberinnen haben: Ein solches Clearingverfahren betrifft nie die gesamte Arbeitssituation einer Freien Mitarbeiterin, sondern immer nur eine Auftraggeberin. Streng genommen sogar nur einen bestimmten Auftrag bei einem Auftraggeber. Oder zumindest nur die Lagebeurteilung zu einem gegebenen Moment. Denn in Zukunft kann sich ja alles wieder ändern, z. B. wenn die “Freie” zu anderen WDR-Abteilungen als Auftraggeberin umschwenkt.

Riesenaufwand

Ein Statusfeststellungsverfahren kann für alle Beteiligten immensen Aufwand bedeuten. Beispiele lassen den Schluss zu, dass es oftmals besser ist sich – Clearing hin oder her – an die zuständige Krankenkasse zu wenden,um den Status zu klären. Das Interesse des Sender ist, sich gesetzeskonform zu verhalten und keine Nachzahlungen leisten zu müssen. Vor Nachzahlungen kann der Sender schon dann sicher sein, wenn er einen Bescheid von der Krankenversicherung bekommt, die für den Einzug der Beiträge für Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung zuständig ist. Dafür braucht es keine Clearingstelle.
WDR-Stellen, die sich im solcher Clearing-Verfahren ausführlich mit der Frage beschäftigten, ob eine Mitarbeiterin selbstständig arbeitet, haben sich wohltuend besser verhalten als so mancher andere öffentlich-rechtliche Sender, der selbst auf der Feststellung „Nichtselbstständig“ besteht. Ein mir bekannter Mitarbeiter, der gegen die NDR-Praxis ein Clearingstellenverfahren gewonnen hatte, erreichte damit nur einen Pyrrhus-Sieg. Er wurde fortan, so erzählt er, von den Redaktionen geschnitten und verlor den Sender als Auftraggeber. Die angestellten “Kollegen” trugen ihm wohl nach, dass er ihnen zusätzliche Arbeit verursacht hatte und steckten ihn die Querulanten-Schublade.

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